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© Tanja Hildebrandt

Tanja Hildebrandt hat sich im Zuge ihrer Diplomarbeit mit den Mechanismen und Auswirkungen von Konsum in einem kapitalistischen Wirtschaftssystem wie dem unseren auseinandergesetzt. Spezielles Augenmerk lag dabei auf der Modeindustrie.
War Kleidung früher vordergründig zum Schutz vor äußeren Umweltfaktoren da, ist sie heute zum Identitätsträger ganzer Generationen geworden – mit enormer ökonomischer und ökologischer Bedeutung. Gleichzeitig zeichnet sich in der Modebranche seit Anfang der 1990er Jahre eine Entwicklung hin zur Auslagerung der Produktionsprozesse in Billiglohnländer ab. Die Fast Fashion Industrie hat massive Auswirkungen in den sozialen und ökologischen Bereichen. Der Begriff „Fast Fashion“ beschreibt hierbei ein spezifisches Produktions- und Vertriebssystem für massenproduzierte Modeware, das sich durch kurze Produktionszeiten, möglichst wenig Kosten und hohe Stückzahlen auszeichnet.
Dennoch ist die Fast Fashion Industrie eine der umsatzstärksten Industrien der Welt. Über die Ästhetik, die das Kernprinzip der Modeindustrie darstellt, erwecken Modemarken ständig neue Bedürfnisse beim Konsumenten und projizieren Traumbilder auf Produkte, die weder materiellen noch ideellen Wert haben. Die negativen Aspekte werden dabei sowohl auf Seiten der Produzenten als auch der KonsumentInnen ausgeblendet.
Tanja Hildebrandt hat sich zum Ziel gesetzt, diese Diskrepanz zu überwinden, und konzipierte für ihre Diplomarbeit eine Kampagne gegen die Fast Fashion Industrie, die im Anschluss auch umgesetzt wurde. Um die Konsumentengruppe von Fast Fashion zu erreichen, imitierte sie ein komplettes Modelabel – vom Erscheinungsbild über das Marketing bis hin zu den Produkten. Die Kleidung selbst wurde dabei zur Schaubühne der katastrophalen sozialen und ökologischen Auswirkungen. Getarnt im Mantel der Ästhetik zeigen die Kleidungsstücke Muster aus abstrahierten wissenschaftlichen Erkenntnissen, die die negativen Auswirkungen entlang der textilen Produktionskette darstellen.
Zwei Monate lang wurde das Fashion Label unter dem Namen „momus“ auf den Social Media Kanälen aufgebaut. Dabei übernahm Hildebrandt alle Grundsätze und Strategien der Fast Fashion Riesen und deutete diese für ihre Zwecke um –und schlich sich auf diese Weise ins elitäre System der Mode.
Aufgedeckt wurde die Kampagne mit dem getarnten Release und PopUp Shop des Labels, das sich als Informationsveranstaltung und DIY Workshop-Reihe entpuppte. Mitgebrachte alte Kleidung der BesucherInnen war Ausgangspunkt für das Tauschen und Upcyceln der Stücke. Mit Hilfe professioneller Näherinnen und Designerinnen aus der sustainable Fashion Industrie konnten sich die BesucherInnen kreativ austoben und aus ihrer alten Kleidung neue Lieblingsstücke machen.
Mit ihrer Diplomarbeit verbindet Tanja Hildebrandt den pädagogischen Ansatz der Informationsvermittlung und Aufklärung und schafft gleichzeitig eine Möglichkeit, Alternativen kennenzulernen und selbstständig auszuprobieren.

Tanja Hildebrandt ist 1988 in Sigmaringen im Süden Deutschlands geboren. Im Februar 2018 schloss sie ihr Studium in Kommunikationsdesign an der Staatlichen Hochschule für Gestaltung Karlsruhe ab. Ihre Projekte behandeln meist gesellschaftskritische Themen. Ihre Gestaltungsweise ist illustrativ, minimalistisch und bunt.
Während ihres Studiums zog sie nach Berlin, wo sie ihre Liebe zum Siebdruck entdeckte. Im Stattlab, einem Siebdruckatelier in Berlin Wedding, experimentiert sie mit Mustergestaltung und Textildruck. Bereits seit dem Studium arbeitet sie als freiberufliche Gestalterin und Illustratorin. 2014 gründete sie ihr Label TanTan Things, über das sie ihre Illustrationen zum Leben erweckt und Papeterie-Artikel und Accessoires in Kleinserie produziert. Ihr sind vor allem nachhaltige Materialien wichtig und die Herstellung der Produkte in Handarbeit. Mit ihrer Diplomarbeit verbindet sie die ihr wichtigen Themen Nachhaltigkeit und Mustergestaltung und möchte das Projekt auch weiterhin als Aufklärungsprojekt mit Hands-on Workshops fortführen.

Betreuung: Sereina Rothenberger, Rebecca Stephany und Dr. Daniel Hornuff