Moderne und Mittelalter – an diesen beiden Brennpunkten im Schaffen des Kunsthistorikers Hans Sedlmayr orientiert sich diese erste Werkbiografie, die unter dem Titel Hans Sedlmayrs Kunstgeschichte. Eine kritische Studie 2017 im Böhlau Verlag erschienen ist. Unter Auswertung des Salzburger Sedlmayr-Nachlasses widmet sie sich der Dialektik aus Verlust der Mitte, der berühmt-berüchtigten Streitschrift gegen die moderne Kunst, und Die Entstehung der Kathedrale, seinem gewichtigen Beitrag zur Gotik-Forschung. Im Fokus steht der prägende wie umstrittene Autor als Kulturkritiker. Aus kulturkritischen Argumentationsmustern lässt sich die paradox erscheinende Verquickung von modernen Ideen mit reaktionärem Gedankengut erklären und zugleich kritisieren. Das Buch macht klar, welchen ideologischen Implikationen die Kunsthistoriografie unterliegt und unterrichtet so über das Gemachtsein des Fachs Kunstgeschichte. Insbesondere wurde versucht, die typisch kunsthistorischen Epochengrenzen zwischen Mittelalter-, Moderne- und Neuzeitforschung zu überbrücken.

Teilaspekte der Dissertation wurden 2017 u. a. in Amsterdam, Dublin und Prag, präsentiert und vertieft. In dem Beitrag “The Cathedral—a Pathos-Formula of Modernism” etwa, werden avantgardistische Gotik-Rezeptionen verglichen. Dieser wird voraussichtlich 2019 in dem von Juliet Simpson edierten Sammelband Gothic Modernisms veröffentlicht. Darüber hinaus ist ein Artikel zu Sedlmayrs Selbstinszenierung als Sonnenkönig unter dem Titel „Hans Sedlmayr: The Anti-Classical Condition“ in Vorbereitung. In dem von Isabel Fischer und Karina Schuller herausgegebenen Band Der Surrealismus in Deutschland(?) erschien 2017 mit „Anti-Kunst. Der Surrealismus als Feindbild und als Therapeutikum bei Sedlmayr und Schlichter“ (archiv.ub.uni-heidelberg.de/artdok/5152) eine Studie, welche die Positionen von Hans Sedlmayr und Rudolf Schlichter – als ehemaligem Proponenten der Karlsruher Avantgarde, der sich dem rechtskonservativem Lager anschloss – kontextualisiert.

Betreuung:
Prof. Dr. Beat Wyss, Prof. Dr. Wolfgang Ullrich

Böhlau Verlag: Köln, Wien, Weimar 2017