Füsun Türetken beschäftigt sich in ihrer Forschung und Lehre mit Themen aus den Bereichen Design, Technologie und Bildkultur. Sie interessiert sich besonders für experimentelle und neue Technologien im Design und die Erforschung der Auswirkungen derselben auf das tägliche Leben und die Designpraxis. Ihr zukunftsorientiertes Verständnis von Design spiegelt sich auch in ihren Konzepten wider. Produkte sind für sie beispielsweise Teil ihres Kontextes und ihrer Zeit, definiert von den Technologien, die sie umgeben; und Material versteht sie als lebendige Materie. Diese vitale Materie, im Spezifischen Metalle, sind die Protagonisten Ihrer PhD-Abschlussarbeit „On the Most Powerful Catalyst on the Planet“, die sie am Goldsmiths College London eingereicht hat.

Zur inhaltlichen Ausrichtung ihrer Professur an der HfG Karlsruhe sagt Prof. Türetken: „In meiner Lehre verfolge ich den Ansatz, Theorie und Praxis nicht als getrennte Einheiten zu denken. Zudem möchte ich sowohl Kunst, Popkultur, Medientechnologie und neuste elektronische Produktionsprozesse als auch Forschung und Design verbinden. Diese Lesart der Lehre ermöglicht konzeptionelle Freiräume. Es ist mir außerdem ein Anliegen, durch externe Partnerinstitutionen wie beispielsweise das ZKM die akademische Lehre in die Praxis zu erweitern und mein internationales Netzwerk in meiner neuen Tätigkeit an der HfG Karlsruhe für das Kollegium und die Studierenden zu öffnen.“ Im Fachbereich Produktdesign an der HfG Karlsruhe sieht Füsun Türetken großartige Möglichkeiten für die Entwicklung von Gedanken, Konzepten, und Projekten. Begeistert erzählt sie: „Ich freue mich darauf, an der HfG, mit den Studierenden zusammenzuarbeiten und sie zu ermutigen, über als gegeben angenommene disziplinäre Grenzen hinweg zu denken. Ich möchte sie unterstützen ein Thema zu finden, das ihre Stimme widerspiegelt, aber auch Anstöße liefert, und zu einem reflektierten und zeitgenössischen Design-Diskurs beiträgt.“

Füsun Türetken betreibt das Studio ft., eine Plattform, die durch Unterstützung kollaborativer (künstlerischer) Arbeit auf die aktuellen Bedingungen von (Wissens-)Produktion an Institutionen eingeht. Sie zeigte Arbeiten bei STUK, im Rahmen der Ausstellung ‚Rare Earth, Stories from Below' Artefakt (2018); beim Impakt Festival und Fiber Festival (2017), auf der Göteborg Internationale Biennale für zeitgenössische Kunst (2013) sowie auf der Biennale von Venedig 2006 und 2008. Füsun Türetken war 2016/17 Stipendiatin des Het Nieuwe Instituut. Sie ist Mitglied der mit dem Turner Prize nominierten Aktivisten Gruppe ‚Forensic Architecture‘. Seit 2013 unterrichtet sie an der Königlichen Kunstakademie Den Haag (KABK). 2008 war sie Direktorin des Deutschen Pavillons der Architekturbiennale in Venedig. Zwischen 2011 und 2004 unterrichtete sie am University College London und arbeitete bei ‚Schrumpfende Städte‘ an Publikationen und Ausstellungen. Füsun Türetken hat Visual Culture, Urban Studies und Architektur in den USA, Deutschland und in England studiert.

Auch der niederländische Designer Chris Kabel freut sich sehr darüber, an der HfG Karlsruhe zu starten: „Die Schule mit ihren gut ausgebildeten Studierenden, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, mit ihren verschiedenen Abteilungen und Werkstätten fühlt sich wie ein besonderer Ort an, der offen ist für die Zusammenarbeit mit den umliegenden wissenschaftlichen Institutionen und der Industrie und der bestrebt ist, Ideen für die Zukunft zu entwickeln. Dazu möchte ich sehr gerne beitragen.“

Chris Kabel überrascht mit seinem vielfältigen Portfolio – von ungewöhnlichen Hausfassaden, klebenden Lampen, gasbetriebenen Kerzenleuchtern bis hin zu ungewöhnlichen Textilien als Tischdecke oder Sonnenschirm. Auf seinen Reisen sammelt er unterschiedlichste Materialien, schafft aus ihnen etwas gänzlich Neues oder verändert einfach deren Nutzen. Seine leichte und spielerische Art, mit Design umzugehen, stellt gewohnte Denkmuster in Frage und lockt die Konsumenten aus ihrer Komfortzone. Dabei stehen die Einfachheit der Form und die Eleganz des technischen Aufbaus im Vordergrund – Ästhetik folgt dann, so Kabel, immer auf natürliche Weise. Sobald alle Elemente, sowohl die visuellen als auch die technischen, „passen“, ermöglicht eine subtile Poesie dem Betrachter, den komplexen Prozess, der zum Ergebnis geführt hat, zu übersehen.

Auch er legt, wie Füsun Türetken, großen Wert auf Kooperationen, auch außerhalb des akademischen Kontexts. „Die Bedeutung von Kooperationen zwischen der Hochschule und der Industrie oder Institutionen und die Notwendigkeit einer aktiven Interaktion innerhalb und außerhalb der Schule sind nicht zu unterschätzen,“ erklärt er. Eine gute Ausbildung in den Grundlagen des Designs und die Entwicklung der eigenen Disziplin ist ihm sehr wichtig, denn nur so lasse sich die notwendige Basis für einen interdisziplinären Austausch schaffen.

Chris Kabel machte 2001 seinen Abschluss an der Design Akademie Eindhoven. Seit 2002 ist er in Rotterdam als Designer tätig. Neben seinem Designstudio in Rotterdam, das ihm viele Auszeichnungen wie den Red Dot Design Award, den Rotterdam Design Prize und wallpaper award einbrachten, arbeitet Chris Kabel für und mit Design-Labels, Architekten, Kulturinstitutionen und Design-Galerien sowie von 2009 bis 2019 als Professor an der Ecole Cantonale d’Art in Lausanne (ECAL). Seine Arbeiten befinden sich in der Sammlung des MoMA in New York, im Museum Boijmans van Beuningen in Rotterdam und im Stedelijk Museum in Amsterdam.

„Die beiden neuen Professuren,“ so der Fachbereichsleiter und Produktdesign-Professor Mario Minale „verkörpern durch ihren transdisziplinären Ansatz und ihr vernetztes Denken den Geist der HfG und wir freuen uns, mit ihnen die Zukunft der Hochschule und insbesondere des Fachbereichs Produktdesign zu gestalten.“

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