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Foto: Serpil Turhan

Serpil Turhans Großeltern gaben das Kurdische für das Türkische, das Dorf für die Großstadt auf. Ihre Mutter dann das Türkische für das Deutsche und Istanbul für Berlin. Behutsam sammelt die Regisseurin in ihrem Film Fragmente einer von Migration geprägten Familie.

30 Jahre war die Mutter nicht in dem kurdischen Dorf, aus dem ihre Familie stammt. Sie dankt ihrer Tochter, der Regisseurin Serpil Turhan, dafür, dass sie nun die Reise angetreten hat. Die hatte dort im Sommer ihre Großeltern gefilmt und damit den Grundstein für diesen Film über drei Generationen ihrer Familie gelegt. Es ist Turhans behutsamer Gesprächsführung zu verdanken, dass ein sicherer Raum für die Erzählungen über vielfältige, auch schmerzliche Erinnerungen an die Migrations- und Lebenserfahrungen entsteht, die einen Bogen vom Dorf nach Istanbul und weiter nach Berlin spannen. Eine besondere Rolle spielen dabei die Sprachen, mit denen man aufgewachsen ist, die man im Laufe des Lebens gelernt oder vergessen hat. Die Familiengeschichte ließe sich auch über die unterschiedlichen Schnittmengen aus Kurdisch, Türkisch und Deutsch erzählen, die den Generationen zur Verfügung stehen. Darauf verweist auch der Filmtitel, der den Verlust der Muttersprache beschreibt. Serpil Turhan balanciert hier ihre unterschiedlichen Rollen als Tochter, Enkelin und Filmemacherin mit großer Sicherheit aus. So wird aus einem intimen Projekt gleichzeitig eine beispielhafte Geschichte.

https://www.berlinale.de/de/programm/programm/detail.html?film_id=202213948
https://www.berlinale.de/de/news-themen/news/detail_119375.html

Die Regisseurin wird am 15.2. zum Gespräch im Delphi Filmpalast anwesend sein.

Dilim dönmüyor – Meine Zunge dreht sich nicht
Deutschland 2013
von Serpil Turhan

Serpil Turhan
Geboren 1979 in Westberlin. Sie war von 1997 bis 2005 als Hauptdarstellerin in mehreren Filmen von Thomas Arslan und Rudolf Thome zu sehen und studierte Theaterwissenschaft sowie Medienkunst/Film an der HfG Karlsruhe. Inzwischen ist sie an der HfG Karlsruhe Gastprofessorin im Studiengang Medienkunst/Film. Seit 2010 hat sie vier Dokumentarfilme gedreht, darunter Rudolf Thome – Überall Blumen (Forum 2017).

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